Mein Mann und ich haben unser ganzes Leben bescheiden gelebt, um unseren Kindern alles zu geben. Und im Ruhestand kehrte das Leben in unser Zuhause zurück — durch eine zufällige Tasse Tee.
Als Jason und ich unser gemeinsames Leben begannen, hatten wir wenig. Ein altes Auto, eine bescheidene Wohnung, viele Hoffnungen und zwei Tassen, die wir zur Hochzeit geschenkt bekamen. Dann kamen die Kinder — und alles nahm seinen Lauf. Arbeit, schlaflose Nächte, Elternabende, Freizeitaktivitäten, Sparen, Renovierungen, Sorgen.
Wir kauften uns keine modischen Sachen, fuhren kaum in den Urlaub — aber die Kinder hatten immer neue Schulbücher, warme Kleidung und ein selbstgemachtes Mittagessen. Wir schonten weder Kraft noch Zeit. Wir glaubten einfach: Liebe ist Fürsorge. Jeden Tag.
Die Jahre vergingen. Die Kinder wuchsen heran, zogen zum Studium weg, dann zum Arbeiten und schließlich, um ihr eigenes Leben zu leben. Wir unterstützten sie stets, freuten uns über ihre Erfolge und halfen, wo wir konnten. Doch irgendwann bemerkten wir: Das Haus wurde stiller. Keine Kinderstimmen mehr, kein Türenschlagen, kein Lachen beim Abendessen. Nur wir zwei — und Stille.
Anfangs gefiel uns das sogar. Wir konnten ausschlafen. Ein Buch von Anfang bis Ende lesen. Doch mit der Zeit begannen wir, etwas zu vermissen. Kein Traurigkeit — einfach… Leere.
Eines warmen Herbsttages, als die Blätter goldene Teppiche auf der Veranda bildeten, klopfte jemand an die Tür. Ich öffnete. Vor der Tür stand eine junge Frau mit Locken, einem leichten Schal und einem verlegenen Lächeln.
„Entschuldigung“, sagte sie. „Ich glaube, ich habe mich in der Adresse geirrt…“
Ich wollte schon die Tür schließen, doch statt dessen fragte ich:
„Möchten Sie vielleicht eine Tasse Tee?“
Sie wirkte überrascht, nickte dann aber. So begann unsere Bekanntschaft.
Sie hieß Mina. Sie war gerade in unser Viertel gezogen, mietete eine Wohnung in der Nähe, arbeitete von zu Hause und kannte hier niemanden. Wir unterhielten uns. Es stellte sich heraus, dass sie sich einsam fühlte. Und ich hatte plötzlich Lust, Bananenbrot zu backen — zum ersten Mal seit langem. Jason legte alte Musik auf. Und es war, als wären wir wieder jung — nur dieses Mal mit einer Gästin.
Anfangs kam Mina selten vorbei. Dann immer öfter. Sie brachte ihre selbstgemachte Feigenmarmelade mit. Sie half uns, Videoanrufe einzurichten, damit ich die Enkelkinder an den Wochenenden sehen konnte. Manchmal saß sie einfach still in der Küche und trank Tee — wie zu Hause. Und das war wunderbar.
Eines Tages, an meinem Geburtstag, kam sie mit einer winzigen Torte und einer Kerze. Ich war gerührt. Ich hatte nicht damit gerechnet. Jason zwinkerte mir zu und flüsterte:
„Na, jetzt bist du wieder beliebt. Die Gästeliste wird länger“.
Ich lachte. Und in diesem Moment öffnete sich mein Herz. Es war warm. Es war lebendig.
Seitdem hat sich unser Leben verändert. Nicht plötzlich, nicht laut — aber tiefgründig. Wir lebten nicht mehr „in Erwartung eines Anrufs der Kinder“, sondern einfach im Hier und Jetzt. Ich meldete mich zu einem Töpferkurs an und machte ein paar lustige Kräutertöpfe. Jason kaufte eine gebrauchte Kamera und fing an, Sonnenuntergänge zu fotografieren. Morgens tranken wir gemeinsam Kaffee auf der Veranda und planten, was wir im Frühling pflanzen wollten. Mina kam immer öfter vorbei. Erst sonntags. Dann auch unter der Woche.
Sie war nicht unsere Tochter. Aber auch keine Fremde. Einfach jemand, der zur richtigen Zeit kam. So wie wir für sie. Alles war gegenseitig.
Eines Tages fand ich ein altes Foto: Jason und ich — jung, am Flussufer, mit Thermoskanne und Sandwiches. Ich lächelte und sagte zu ihm:
„Erinnerst du dich, wie wir davon träumten, ein ruhiges Alter zu erleben?“
Er sah mich an und ergänzte:
„Und es wurde ein fröhliches“.
Wir lachten. Denn in diesen Worten lag Wahrheit. Manchmal kommt der zweite Frühling nicht, wenn man ihn ruft, sondern wenn man einfach die Tür öffnet.
Diese Geschichte ist frei erfunden. Alle Ähnlichkeiten mit realen Personen oder Ereignissen sind rein zufällig.